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Heroin Freigabe: Für ein menschwürdiges Leben der Abhängigen

Meine Meinung ist ohnehin, dass das BtMG ausgedient hat. Es straft am falschen Ende, leugnet gesellschaftliche Realitäten und kostet den Staat einen Haufen Kohle.

 

Ich war kürzlich in einem Verfahren als Pflichtverteidiger beigeordnet, es ging um ein § 29 a BtMG Verfahren (im Regelfall 1 Jahr Freiheitsstrafe mindestens) und einen Heroinabhängigen, der einmal mit ca. 30 Gramm und einmal mit 15 Gramm Heroin erwischt wurde, die er offenbar zur Finanzierung seiner eigenen Sucht verchecken wollte.

 

Zu den gesellschaftlichen Lebensrealitäten gehört auch die Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die der Sucht und einem Stoff so verfallen sind und sich durch die Jahrzehnte von Beschaffungskriminalität so kaputt gemacht haben, dass ein normaler Lebenswandel (was man auch immer darunter verstehen mag) praktisch ausgeschlossen ist, wenn man die Brille des hoffnungslosen Idealisten mal von der Nase nimmt.

 

Der Lebenskreislauf zwischen dem Schuss, dem Affen, der Beschaffungskriminalität und dem Ärger mit der Justiz, dem Grenzgängertum zwischen Gosse und Knast und der Sucht, bald den Stahl wieder im Arm zu spüren, ist für viele Menschen das ewige Hamsterrad. Diese Leute haben sich aufgegeben, die Gründe hierfür mögen vielfältig sein und sie bedürfen keiner moralischen Bewertung.

 

Jedenfalls ich empfinde den Umgang mit diesen Menschen sehr schwierig, sie scheinen zum Teil nur noch physisch anwesend zu sein und (vielleicht bilde ich mir das auch nur ein) haben eine Sogwirkung, die wie ein schwarzes Loch alles Licht aus der Umgebung absorbiert. Man fühlt sich immer sonderbar benommen nach längeren Gesprächen mit Junkies. Keine einfache Klientel.

 

Aber:

 

Was in Teufels Namen spricht dagegen, Heroin einfach freizugeben in kontrollierten Fixerstuben mit sauberen Spritzen, in denen die Betroffenen sich täglich Ihren Lebensinhalt in die Venen schiessen können?

 

Wo liegt das Problem? Die Blaupause Arbeit, Beruf, Familie, Haus bauen passt nicht für jeden. Und wenn sich jemand weshalb  auch immer entscheidet, sein Leben im Dämmerzustand und opiatinduzierten Glücksgefühlen zu verbringen, so kann er das doch gerne machen.

 

Ein solches kontrolliertes Abgabeprogramm wäre sicherlich billiger als die Kosten für die Unterkunft im Knast samt vorgelagerter Arbeit der Justizbehörden. Der Mandant hatte um die 30 Vorstrafen und saß schon mehrere Jahre im Bau. Kosten, Kosten, Kosten. Ärger, Ärger, Ärger.

 

All das hätte man sich sparen können. Was will man hier bewirken mit der Frage "Bewährung oder keine Bewährung"? Im Kern wissen alle, dass solche Fälle nicht justiziabel sind. Hier kann es keine wirkliche Lösung des Problems geben, das wissen alle Beteiligten und das macht solche Fälle so trostlos. Es geht doch nicht um Verwaltung von Existenzen, es geht darum, auch diesen Menschen Respekt zu zollen. Niemand braucht denen mehr sagen, dass sie unten angelangt sind.

 

Morgens und Abends zur Ausgabestelle, zu Fuß dahin, bißchen frische Luft schnuppern und mit Gleichgesinnten draussen mit Bier abhängen wäre zwar nicht mein Lebenskonzept, besser als die Kriminalitätsschleife wäre es aber alle mal. Es ist längst überfällig, hier mal pragmatisch zu denken, man muss das ja nicht gut heissen.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Andreas (Donnerstag, 09 Februar 2017 10:49)

    Selten so ein gutes Plädoyer für eine Heroinfreigabe gelesen, bin ich auch eher dafür. Vor allem weil ich auch glaube, dass eine Heroinabhängigkeit mit einem normalen Leben vereinbar sein dürfte und der Absturz, sofern er kommt (da es sicher auch unauffällige Abhängige gibt und die hohen Schwarzmarktpreise eher Probleme machen) wenn man die Berichte über Heroinambulanzen liest.

    Außerdem soll Heroin spritzen auch stark ein Ergebnis der überhöhten Schwarzmarktpreise sein, Heroin auf Alufolie verdampfen vermeidet viele Risiken aber man braucht halt mehr Stoff was mit den Schwarzmarktpreisen schlechter finanzierbar ist.

    In der Summe bessert sich mit der Verbotspolitik einfach nichts, nur die Schäden nehmen zu.