In Bayern wird nach wie vor scharf geschossen. Diesen Text zum kurz drüberlesen erhielt ich am Wochenende. Auf die meine Antwort, das Mandat gerne gegen Bezahlung zu übernehmen, kam dann
sicherheitshalber nichts mehr.
Schade eigentlich, denn diese Sache hätte ich wirklich gerne übernommen. Geht in Süddeutschland dann auch mal schnell Richtung Freiheitsstrafe ohne Bewährung und das hier scheint wirklich
ein bißchen dumm gelaufen zu sein. Gerade vor dem Hintergrund, dass es sich hier offenbar um einen Schmerzpatienten handelt, kann ich die Taktik des Anwalts aus Aschaffenburg, man solle dieses
entscheidende Argument außen vor lassen, nicht verstehen (jedenfalls aus der Ferne nicht und ohne Akteneinsicht ist das ja immer so eine Sache).
Klar ist aber: Wenn nachgewiesen kann, dass man wirklich chronischer Schmerezpatient ist, drückt das immer die Strafe. Ob man dadurch bei über 50 Gramm THC noch in den "Genuß" des minderschweren
Falles nach § 29 a BtMG (Straferwartung drei Monate bis fünf Jahre) kommt, wäre bereits in norddeutschen Gefilden fraglich und im Freistaat (in dem offenbar ganz eigene Regeln) noch viel
fraglicher, aber dennoch wäre dieser medizinische Aspekt sicher ein Hebel gewesen, um die Strafe noch in den Bereich zu drücken, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann (also maximal 2
Jahre Freiheitsstrafe). Gerade chronische Schmerzpatienten sollten tatsächlich versuchen, bei dem BfArM eine Ausnahmegenehmigung im Vorfeld des Grows zu erhalten. Selbst wenn diese -wie
zu erwarten ist- abgelehnt wird, ist es für die spätere Verteidigung sehr wichtig, dass es überhaupt versucht wurde. Und die eigene Schmerzgeschichte sollte ärztlicherseits dokumentiert sein,
damit das Gericht dies auch glaubt.
"Sehr geehrter Herr Schüller,
Ich bin irgendwie über Google über Ihren Leitfaden für Cannabis Grower gestolpert. Aus gegebenem Anlass, schreibe ich Ihnen mal schnell ein paar Zeilen, auch weil ich momentan ziemlich am
Boden zerstört bin. Ich hatte letze Woche eine Verhandlung in Aschaffenburg (Bayern), wegen dem Anbau von 11 Pflanzen. Ich wurde zu 26 Monaten verurteilt.
Wir hatten letzes Jahr angebaut, ein Freund und ich, nur für den Eigenbedarf, da das Gras hier im Schnitt 15 Euro per Gramm kostet und man dazu noch teilweise den letzen Dreck verkauft
bekommt. Ich nutze Cannabis medizinisch, bekomme aber da ich vorbestraft bin, natürlich keine Ausnahmegenehmigung von der Bfram. (Schmerzpatient Rücken u. Schulterbereich,
Wirbelsäulenschaden, ADHS, Hepatits C, Lymphödeme, Depressionen usw.) Wir hatte 3 Mutterpflanzen im Zelt, dazu 8 Clone. Das soll zusammen eine Gesammtmenge von 342 Gramm ergeben haben,
mit einem Wirkstoffgehalt von 15,5 %.(52 Gramm THC pi mal Daumen) Allerdings weiß ich nicht ob hier Stengel und Blätter mitgewogen wurden. Ich habe ja ein klein bischen Ahnung was das Anbauen
angeht und kann Mengen recht gut einschätzen (was man aber SO dem Gericht nicht mitteilen kann :-) ) und wenn ich das manikürt hätte, wären das bei dem Stand mindestens 100 Gramm weniger
gewesen. Bin am überlegen ob man nicht mal einen Beweisantrag zur Nachwiegung und Sichtung des Materials stellen sollte, wenn das denn überhaupt möglich ist.
2 Wochen vor der geplanten Ernte sind die eingelaufen.
Das war im März 2014. Seitdem habe ich keine neue STraftat begangen, ich habe mich im Gegesatz zu meinem Mitangeklagten um alles gekümmert was man nur tun kann (ambulante Therapie bei der
Drogenberatung im 3 wöchentlichen Turnus, Artplatz mit sauberen Urinkontrollen (Substitutirt), dazu bin ich noch alleinerziehndert Vater seit einigen Wochen (Kindsmutter KANN sich nicht um
das Kind kümmern, musste den Jungen zu mir holen, Mutter psychisch krank), bin von Pontius zu Pilatus gerannt, aber das Gericht hat nichts davon gewürdigt. (Schöffengericht). Wir waren
eigentlich wegen Handel angeklagt, allein wegen der "Menge", aber der Handel fiel weg, man erkannte uns den Eigenbedarf an.
Ich bin schon massiv vorbestraft, (21 Eintragungen im BZR) das gebe ich zu aber seit 7 Jahren, gebe ich wirklich ruhe. Seit 5 1/2 Jahren ist mein Sohn da und es gab nur 2, 3
Verurteilungen, wegen Schwarzfahrens (Strafbefehl). Die letze wirkliche STRAFTAT war vor knapp 10 Jahren. Ausser das ich noch im Oktober 2013 mit 2 Gramm Hasch erwischt wurde (Das war der
Auslöser für den Anbau, ich hatte das Zelt zu Hause und Schiss dass die Cops einlaufen und das finden...also Zelt zum Kollegen und aufgebaut...
Mein Mitangeklagter Freund, hat 2 Jahre 8 Monate bekommen. Dieser hatte aber 4 Wochen nach der HD, in seiner Bude nochmal eine HD und die haben dort dann nochmal 25 Pflanzen gefunden
sowie andere Sachen dazu. Bei mir wurden bei der ersten HD, da war ich leider auch anwesen auch noch 6 Subutex Tabletten gefunden (Das waren allerdings nicht meine, ich musste sie nur auf
mich nehmen). Für diese Tabletten gabs die 2 Monate über die 2 Jahre, also 2 Jahre für den Anbau, 2 Monate für die Tabletten die ich aber auch brauche einiges Schief gelaufen, mein
Kollege kam 2 mal breit, ich immer sauber und anständig, habe nicht gestört eben den braven Bürger markiert, der ich eigentlich ja auch seit ein paar Jahren bin...Als ich angebaut hatte, das
war in dem Jahr als meine Mutter verstarb (an Krebs, das Zelt war EIGENTLICH für SIE :-) ) hatte ich auch meinen Jungen nicht bei mir und durfte den nur 2 mal die Woche sehen, weil
Kindsmutter das so wollte (Sie hatte eine solche Besuchsregelung für ihre anderen 2 Kinder, diese hatte sie dann einfach 1 zu 1 auf mich und mein Kind übertragen. Amtliche Auflagen hatte ich
diesbezüglich noch NIE)
Ich habe einen Aschaffenburger Anwalt, der ist auch eigentlich recht gut aber diesmal hat er mir leider nicht so gut gefallen. Er meinte ich solle das medizinische weglassen, das würde
der Sta nur Tür und Tor öffnen für "Da ist die nächste Straftat ja schon in Sicht". Ich soll sagen dass ich Cannabis clean bin was ich nicht bin. Ich würde auch gerne etwas politisch
argumentieren, das(Das ist eine längere andere Geschichte, ich hatte damals gerade meinen Substiplatz verloren, deshalb hatte ich die Tabletten einstecken....war meine Aussage dazu, gehört
haben Sie meinem Mittäter, aber asie waren eben dummerweise in meiner Jacke) Es war also wirklich ALLES nur Eigenbedarf, dazu habe ich
mich echt zusammengerissen seit dem Vorfall vor
einem Jahr.
Ich kann das alles nicht wirklich verstehen, obwohl ich die Btm Gesetze eigentlich recht gut kenne. Ich habe halt 21 Eintragungen in meiner Akte alöso Vorstrafen und das ist auch
alles , was ich von der Urteilsbegründung verstanden habe. Meine Vorstrafen. NICHTS von dem positiven wurdfe erwähnt, auch nicht anerkannt das die sozialprognose sehr gut ist im
Moment...Ich weiß nicht was ich tun soll, echt nicht, was soll denn aus meinem Sohn werden?.
Es wurde auch leider nicht auf einen minderschweren Fall erkannt, wieso weiß ich auch nicht.
Mir gehen im Moment mehrere Dinge durch den Kopf. 1 Kann man da zur Not bis vor`s BverfG. Also nun bin ich erstmal auf dem LG. Mein Gedanke ist, der Staat darf seine Bürger nicht
schädigen (tut er aber indirekt, er schädigt wegen dieser Sache mein Kind). 2. Der Staat darf die Selbstschädigung eigentlich nicht bestrafen, aber genau das tut er ja in unserem Fall. Da ist
bei der Verhandlung s
in Deutschland bereits STÄDTE Anträge zur Genehmigung von Cannabis Abgabestellen eingereicht haben...auf die ganze politische Diskussion aufmerksam machen, dass
was weiß ich wieviel Bundesbürger auch kiffen...und ich würde JETZT vielleicht noch gerne daztu sagen, dass der der in Offenbach, also gerade umn die Ecke das türkische Mädchen erschlagen hat
nur 3 Jahre bekommen hat und ich soll für Anbau zum Eigenbedarf 2 Jahre 2 Monate rein, da kann doch was nicht stimmen?
Ja, das ist dann doch mehr geworden als ich schreiben wollte, aber sie brauchen ja erstmal wenigstens was Grundwissen von dem Fall. Was ich von Ihnen möchte? Ich hab selbst keine Ahnung,
vielleicht einen Rat..was ich tun könnte um doch noch Bewährung zu bekommen (Vater Kind Therapie erscheint mir im Moment das Einzigste was Aussicht evl. auf Erfolg hätte. Ahja, die Richjterin
meinte noch bei der Urteilsbegründung, dass sie ja nicht wüsste ob das Kind bei einem Drogenabhängigen so gut aufgehoben wäre (was ne Sauerei ist, ich kümmere mich seit der Geburt INTENSIVST
um mein Kind, das Jugendamt ist eingeweiht und weiß dass es bei der Mutter nicht gut aufgehoben ist, der Kleine hat nur mich als funktionierendes Elternteil, auch wenn ich Suchtkrank bin, ich
bin in Substitution und das OHNE Beikonsum ausser Cannabis was meinen Arzt nicht interessiert)
Mir ist es auch ein Rätsel, wieso in ein und der gleichen Verhandlung, einmal 11 Pflanzen Anbau, als Besitz gewertet wird, und dafür 24 Monate ausgesprochen werden, und für 25 Pflanzen
dann aber Anbau ohne Besitz gilt (weil noch nichts wiegbares dran war, die Pflanzen waren erst 4 Wochen alt). Das hält das Gericht dann scheinbar wie es will. Ich bin auch ziemlich sauer auf
meinen Kollegen, weil ich seine scheiß Tabletten auf mich nehmen muss (oder eben in der Stadt breitgetreten wird, dass ich ne 31 iger Sau bin wenn ich`s nicht mach)
Wir hatten 5 Verhandlungstage (ohne Witz) da die Polizistin, die angeblich im 6 Stock des Hauses (aus dem 5 Stock Balkon unten drunter) die Anlage gesehen hatte und als Zeugin fungieren
sollte, 3 mal keine Lust hatte zu kommen- Ich sage Ihnen das das komplett gelogen war die Aussage, aber das Gericht sieht natürlich keinen Zweifel an der AUSSAGE der Beamtin zu zweifeln. Das
war so, die war privat angeblich zufällig dort im 5 Stock und hatte das gesehen, weil da an dem Tag zufällig der Rollo oben war (der war NIE oben, wir sind ja nicht total bekloppt). Wir gehen
davon aus, dass da einfach was gerochen wurde, und es wurde dann eine junge Beamtin von 2 Drogenbullen hier bearbeitet, sie solle doch mal etwas gesehen haben, damit ein HD Beschluß greifbar
wird. Das war ein riesiges Hin und Her, aber gegen Bullen hat man vor Gericht keine Chance...
Da lief so vieles falsch in diesem Verfahren...ich bin natürlich erstmal geschockt. Ich ging davon aus, dass selbst wenn wir erwischt werden würden, die ganze Sache so mit Strafe bis
einem Jahr geahndet wird, Anbau dachte ich, ist doch nicht so schlimm...Von wegen, hier n Bayern gelten eben andere Gesetze, wie im rest Deutschlands...trotz bundeseinheitlichem
Rechtssystem...
So nun beende ich das aber wirklich mal, das ist doch etwas viel.
Wenn Sie Fragen haben, bitte nur zu. Vielleicht haben Sie ja einen Rat auf Lager an den ich oder mein Anwalt noch nicht gedacht hatten.
Mit freundlichem Gruß,
P."
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R. (Freitag, 24 Juli 2015 04:47)
Geht die Geschichte noch weiter? Haben Sie dem Mann geantwortet?
RA Schüller (Freitag, 24 Juli 2015 12:47)
Es wurde kein Mandat draus, wäre eigentlich eine spannende Geschichte gewesen. Keine Ahnung was draus geworden ist....